Platt in der Pflege – Kiekt wi hen!

Für viele ältere Menschen ist Plattdeutsch mit Heimat, Zuhause und Geborgenheit verbunden. Die Sprache bedeutet Vertrautheit, Gemütlichkeit, Erinnerung an ein früheres Lebensumfeld. Plattdeutsch ist ihre Muttersprache, Familiensprache, Sprache ihres Umfeldes. Entsprechend erreicht man diese Generation besonders gut über das Plattdeutsche. Es scheint, als würde das in den Pflegeeinrichtungen Norddeutschlands nicht überall erkannt werden. Dabei wäre ein Schild am Empfang schon eine tolle Positivbotschaft: „Wi snackt Platt!“
Wie viele ältere Herrschaften würden sich gleich viel wohler fühlen, wenn sie in ihrer Muttersprache angesprochen würden. Pflegepersonal berichtet, dass der Umgang besonders mit dementen Bewohnern leichter ist, wenn man sie in ihrer Muttersprache anspricht – in Norddeutschland ist das nun einmal oft Plattdeutsch.

Plattdeutsch in der Pflege braucht Aufmerksamkeit

Im Sommer erreichte das LzN eine Anfrage. Der niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur, Herr Björn Thümler, wollte das Länderzentrum für Niederdeutsch kennenlernen und sich über dessen Arbeit informieren.
Wir waren dankbar für diese Aufmerksamkeit und haben Herrn Minister Thümler das wichtige Aufgabenfeld „Platt in de Pleeg“ vorgestellt. Gemeinsam mit Heinrich Siefer von der Katholischen Akademie Stapelfeld hat das LzN nach Cloppenburg eingeladen.
In einer Gesprächsrunde wurde das Thema zunächst erörtert. Vertreter vom Heimatbund, von Krinks, der Oldenburgischen Landschaft, Plattdeutschbeauftrage und eine Lehrerin aus der Fachpraxis haben das Thema rund um die Niederdeutsche Sprache in Pflegeeinrichtungen facettenreich diskutiert und ihren reichen Erfahrungsschatz eingebracht.

„Platt in de Pleeg“ erleben

Im Anschluss folgte ein Besuch im St.-Pius-Stift in Cloppenburg. Schließlich sollte nicht nur über die Betroffenen gesprochen werden, sondern auch mit ihnen. Im St.Pius-Stift werden seit Jahren gute Erfahrungen mit der aktiven Anwendung des Niederdeutschen gemacht. Plattdeutsch ist dort schon lange ein Öffner für Herzen und ein ganz besonderer Brückenschlag vom Pflegepersonal zu den Bewohnern. Es gibt Lesekreise, es wird gesungen und gesprochen – op Platt. Das trägt zum Wohlgefühl bei und erleichtert sogar die tägliche Pflege.

von links nach rechts: Heinrich Siefer, (Katholische Akademie Stapelfeld), Minister für Wissenschaft und Kultur, Björn Thümler, Christianne Nölting (LzN), Florian Kruse (LzN)

Minister Björn Thümler zeigte sich beeindruckt von der Vielfalt der Plattdeutsch-Aktivitäten im St. Pius-Stift. Dem Plattdeutschen wird hier eine Heimat gegeben. Die positiven Auswirkungen zeigen, dass die Entwicklung von Projekten zum Plattdeutschen in der Pflege im Allgemeinen notwendig sind.
Leider wird das norddeutschlandweit von den vielen verschiedenen Trägern der Pflegeeinrichtungen noch zu wenig wahrgenommen. Das Länderzentrum für Niederdeutsch hatte bereits im Vorfeld des Ministerbesuchs zu einem länderübergreifenden Treffen zum Thema „Platt in de Pleeg“ nach Hamburg eingeladen. Unterstützt wurde dieser Tag des Austausches von der Carl-Toepfer-Stiftung. Akteure aus den Bereichen Pflege, aus Behörden, der Politik und Unterrichtende an Berufsschulen berichteten aus der Praxis und aus ihrem Alltag. Broschüren wurden genauso vorgestellt wie Vokabelhilfen in Taschenformat.
Besonders beeindruckt hat das breite Angebot von Hella Einemann-Gräbert. Sie unterrichtet Pflegeschüler an der BBS in Wildeshausen. Das Pflegende Plattdeutsch können, ist für sie eine Herzensangelegenheit. Schließlich will sie selbst auch „Platt angeschnackt“ werden, wenn sie einmal alt und gebrechlich gepflegt werden muss.

Wenn Sie sich darüber informieren möchten, wie Sie dazu beitragen können, dass noch mehr Einrichtungen für ältere Menschen das Niederdeutsche im Umgang mit ihren Bewohnern pflegen, melden Sie sich gern unter: info@LzN-Bremen.de

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