LZN in Schleswig-Holstein

Neuer Niederdeutsch-Erlass für die Schulen Schleswig-Holsteins:

Das neue Schuljahr beginnt in Schleswig-Holstein mit guten Nachrichten für die plattdeutsche Sprache: es gibt einen neuen Schulerlass, der die alte Version von 1992 ablöst. Dieser neue Erlass orientiert sich am „Handlungsplan Sprachenpolitik“ des Landes, der den Erhalt der Regional- un Minderheitensprachen nachhaltig gewährleisten soll.

Zum Originaltext:

Niederdeutsch in der Schule
Runderlass des Ministeriums vom 18. Mai 2019 – III 30
Ziele und Aufgaben der Vermittlung der niederdeutschen Sprache und Literatur an den allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen Schleswig-Holstein zeichnet sich durch die Vielfalt und Vitalität seiner Regional- und Minderheitensprachen aus. Neben der Regionalsprache Niederdeutsch werden die Minderheitensprachen Dänisch, Friesisch, Romanes und Südjütisch gesprochen. Das Niederdeutsche hat für Schleswig-Holstein kultur- und identitätsprägende Bedeutung. Der besondere Stellenwert, der dem Niederdeutschen im Land zukommt, tritt auch in seiner Verankerung in der Landesverfassung (Art. 13 Abs. 2) hervor. Dieser zentralen Stellung muss die schulische Bildung Rechnung tragen. Gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 und 4 Schulgesetz fördert die Schule das Verständnis für die Bedeutung der Heimat, den Beitrag der nationalen Minderheiten und Volksgruppen zur kulturellen Vielfalt des Landes sowie den Respekt vor der Minderheit der Sinti und Roma und pflegt die niederdeutsche Sprache. Darüber hinaus ergibt sich durch die Aufnahme des Niederdeutschen in die Europäische Charta für Regional- und Minderheitensprachen die Verpflichtung, die Sprache in besonderer Weise zu fördern. In Anlehnung an den „Handlungsplan Sprachenpolitik“ des Landes Schleswig-Holstein ist ein geschlossener Bildungsgang Niederdeutsch ein nachhaltiges Verfahren zum Erwerb der Regionalsprache. Die Schulen nehmen für dieses Ziel als Bildungseinrichtungen zwischen der vorschulischen Bildung und der Hochschule eine zentrale Position ein. Das bereits existierende Modellschulangebot soll mit dem Ziel eines systematischen Spracherwerbs im Niederdeutschunterricht ausgebaut werden. Ziel ist es, im Zuge eines sukzessiv anwachsenden Systems Niederdeutsch während des gesamten Bildungsgangs bis hin zur Hochschulreife zu unterrichten. An allen Schulen in Schleswig-Holstein muss das Niederdeutsche ein durchgängiges Unterrichtsprinzip in allen Klassen sein. Hierfür tragen Schulaufsichtsbehörden und Schulleitungen eine besondere Verantwortung. Bestehende und geplante Unterrichtsstrukturen zum niederdeutschen Spracherwerb an Schulen, die nicht der Gruppe der Modellschulen zugerechnet werden, sollen gefestigt und weiterentwickelt werden. Insbesondere in Arbeitsgemeinschaften oder im Rahmen des Ganztagsangebots spielt der Niederdeutschunterricht eine wichtige Rolle. Diese Angebote sollen, wo sie bereits bestehen, gefördert, wo sie noch nicht bestehen, ermöglicht werden. In diesem Zusammenhang ergeben sich Kooperationsmöglichkeiten mit örtlichen Vereinen, niederdeutschen Theatergruppen und als Sprachpaten eingesetzten Einzelpersonen. Ein Immersionsunterricht auf Niederdeutsch ist ein effektiver Weg der Sprachvermittlung und -förderung sowie ein probates Mittel für den Spracherwerb. In der Primarstufe und in der Sekundarstufe I und II sowie in der beruflichen Bildung sind hierfür grundsätzlich alle Fächer bzw. Wahlpflichtfächer neben dem Deutsch- unterricht geeignet.
Niederdeutsch im Unterricht: Der Niederdeutschunterricht soll – das Interesse an der Sprache wecken und fördern, – vorhandene Kenntnisse reaktivieren und erweitern, – die Lesefähigkeit entwickeln und Kenntnisse der niederdeutschen Literatur vermitteln, – niederdeutsche Kommunikation fördern und das freie Sprechen anstreben, – die sprachliche Gestaltungsfähigkeit durch Aufschreiben des Gesprochenen voranbringen und auf diese Weise niederdeutsche schriftsprachliche Kompetenz erzeugen, – die Spezifik des Niederdeutschen und seine Bedeutung für die historische und kulturelle Entwicklung Schleswig-Holsteins herausstellen und – die Teilhabe an niederdeutschen Kulturangeboten und -aktivitäten fördern. Der Unterricht für den Erwerb sprech- und schreibsprachlicher Fähigkeiten im Niederdeutschen orientiert sich an den Vorgaben der Kompetenzniveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Niederdeutsch in den Schulen Der Niederdeutschunterricht kann jahrgangs-, fächer- und schulartübergreifend organisiert werden. Die Schulleitung kann eine Lehrkraft als Niederdeutschbeauftragten benennen, ansonsten nimmt sie diese Funktion selbst wahr. Niederdeutschbeauftragte der Schulen arbeiten eng mit Kreisfachberatern Niederdeutsch des jeweiligen Kreises und der Landesfachberatung Niederdeutsch zusammen. Die Niederdeutschen Abteilungen an der Europa-Universität Flensburg und an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, das Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH), das Länderzentrum für Niederdeutsch (LZN) sowie die NiederdeutschZentren in Leck und Mölln sind als Institutionen der Lehrerbildung und der Lehrerfortbildung Ansprechpartner für alle beteiligten Akteure, wie die Niederdeutschbeauftragten der Schulen, die Kreisfachberater sowie die Landesfachberatung, und wirken selbst aktiv an der Umsetzung des Niederdeutsch-Erlasses mit. Der Koordination für Regional- und Minderheitensprachen in Schleswig-Holstein am IQSH obliegt die Organisation des Austausches zwischen den verschiedenen beteiligten Institutionen und Akteuren, die zusammen das Netzwerk Niederdeutsch in der Schule in Schleswig-Holstein bilden. Dieser Erlass tritt am Tage nach seiner Veröffentlichung in Kraft. Kiel, 18. Mai 2019
Karin Prien
Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur

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